Wir wehren uns

Nachfolgend informieren wir über die (frühere) Situation in Neulauterburg und die Arbeit der damaligen Interessengemeinschaft Neulauterburg aus der Sicht von 1998. Es ist die Dokumentation eines erfolglosen Versuchs, ein Gewerbegebiet zu verhindern.

In seiner wechselvollen Geschichte hat der kleine Ort schon vieles ertragen müssen. Anfang der 60er Jahre entwickelte sich Neulauterburg zum größten Grenzumschlagplatz in Rheinland-Pfalz mit bis zu 50.000 Lastkraftwagen jährlich. Unter dieser ungeheuren Verkehrslast musste die Bevölkerung des kleinen Ortes über 25 Jahre leiden. Die Wende kam erst 1985 mit dem neu erbauten Grenzübergang Bienwald. 

Doch damit kam der Ort nicht zur Ruhe. Die nur wenige hundert Meter vom Ort entfernt gelegene, 1975 eröffnete Kreismülldeponie wurde tagtäglich mit schweren Mülltransportern beliefert. Neben dem zuweilen unerträglichen Gestank des Deponiekörpers hatten die Einwohner nun auch unter dem Verkehr der vielen Müllfahrzeuge zu leiden. 

Gegen die Einrichtung dieser Deponie hatte sich damals niemand gewehrt. "Wenn mal ein Bauer seine alte Scheune abreißen muss, kann er das Zeugs ja dann dort ablagern..." Damit hatte man damals die örtlichen Mandatsträger besänftigt.

Sie hätte an diesem Standort niemals errichtet werden dürfen. Man hat die Tragweite dieser Entscheidung einfach nicht gesehen oder sehen wollen. Die Deponie beherbergt heute über 1,5 Millionen Kubikmeter Müll. Geht man von einer mittleren Transportkapazität eines Müllfahrzeuges von ca. 10 Tonnen aus, so haben in den vergangenen Jahren weitere 50.000 Müll-LKW Neulauterburg passiert. Eine unglaubliche Verkehrsbelastung für einen so kleinen Ort. Die Deponie ist inzwischen verfüllt und von oben her abgedichtet. Am alten Standort ist jetzt noch ein Wertstoffhof des Kreises Germersheim.

 


Nachdem der Hausmüll dann nicht mehr in der Deponie gelagert, sondern in einer Müllverbrennungsanlage beseitigt wurde, dachten wir, endlich einmal aufatmen zu können. Die Deponie wurde zwar nicht endgültig geschlossen (für die nächsten ca. 20 Jahre stand sie noch zur Aufnahme von u.a. schwach kontaminiertem Erdreich zur Verfügung), doch der immense LKW-Verkehr nahm merklich ab. 

Aber es blieben die Sorgen der Bevölkerung und sie bekamen neue Nahrung. Dieses Mal in Form eines Gewerbegebietes. Wie schon in der Vergangenheit üblich, erinnerte sich der Berger Rat mit seinem Bürgermeister an der Spitze an Neulauterburg immer dann, wenn man etwas in Berg nicht haben wollte. Die leidensfähigen (und natürlich zahlenmäßig kaum ins Gewicht fallenden) Neulauterburger sollten mit einem gemischten Wohn- und Gewerbegebiet gesegnet werden, und zwar am besten mitten im Ort. Der einzige Vollerwerbslandwirt fürchtete um seine Existenz, wenn er von Wohnbebauung förmlich umzingelt würde, da die Emissionen, die von seinem Betrieb ausgingen, sicherlich nicht jedem geschmeckt hätten. Zudem hatten die Planer nach “Gutsherrenart” eine Straße quer über sein landwirtschaftliches Anwesen vorgesehen.

Es reicht!

Anlässlich eines Ortstermins mit dem Bauausschuss am 30. Juni 1998 hat der Bürgermeister deutlich gemacht, dass trotz der vorgetragenen Bedenken, die Interessen der Neulauterburger (wörtlich) “in zweiter Reihe stehen”. 
Dies war die Geburtsstunde der Interessengemeinschaft Neulauterburg. 
Denn irgendwann platzt auch dem gutmütigsten Bürger einmal der Kragen! 
 

 

 

Anton Petschner und Siegfried Siedow

Anton Petschner (links) und Siegfried Siedow (†2020). Aufnahme von 2002.

Das Echo auf die Einwohnerversammlung war eindeutig. Die Anwesenden waren nicht gegen eine generelle, behutsame Weiterentwicklung des Ortes. Sie lehnten aber eine Entwicklung Neulauterburgs in dieser Form ab! Deshalb wurde eine Interessengemeinschaft ins Leben gerufen mit dem Auftrag, die Interessen der Neulauterburger nach außen zu vertreten und der jetzigen Entwicklung entgegenzuwirken.

Die Mehrheit der Neulauterburger Familien hatte Einsprüche gegen den Bebauungsplan erhoben. 
Die Weiterführung des Bebauungsplanes “Europäisches Viertel I” wurde im Hinblick auf die vorgebrachten Anregungen/Bedenken im Rahmen der öffentlichen Auslegung vom Ortsgemeinderat am 19. November 2002 zurückgestellt.
Der Ortsgemeinderat hat dann am 25. November 2003 beschlossen, aus Gründen der Verkehrssicherheit den Kreuzungsbereich am Grenzübergang aus dem o.g. Bebauungsplan herauszunehmen und unter dem Namen “Kreisverkehrsplatz Neulauterburg" weiterzuführen. 
 

“Kaum Nachfrage nach Gewerbegebieten”

So lautet ein Artikel in der Tageszeitung “DIE RHEINPFALZ” vom 09.12.2004. Im Bereich der Rhein-Neckar-Region, zu der auch die gesamte Vorderpfalz und die Südpfalz gehören, gibt es derzeit kaum Nachfrage bei Gewerbeflächen. Nach Angaben der Planungsgemeinschaft Rheinpfalz werden derzeit 1412 Hektar an vermarktbaren Arealen in der Gewerbeflächendatenbank der Region angeboten, ohne daß sich dafür Abnehmer finden. Dabei handelt es sich unter anderem um komplett erschlossene Gewerbeflächen mit hervorragenden Infrastrukturbedingungen, teils zu Quadratmeterpreisen zwischen sechs und elf Euro.

Aber auch das interessierte in Berg nicht. Es wurde weitergeplant. Schließlich gab es ja mittlerweile angeblich immerhin einen (!) Interessenten für den Bau eines Supermarktes!
 


Entwicklung Juli 2004: 

Inzwischen wurden viele Steuergelder für Planungen ausgegeben, ohne dass das Gewerbegebiet erschlossen werden konnte. Bislang hat auch kein einziger Eigentümer sein Land verkauft. Die angeblich immer dagewesene Nachfrage nach Gewerbegrundstücken konnte bis heute nicht bewiesen werden. Alle den Anwohnern gemachten Versprechungen (Umgehungsstraße, Kreisel am Ortseingang, Verkehrsberuhigung) wurden nach und nach einkassiert, genau wie von den engagierten Neulauterburgern vorhergesagt. 
Der vieldiskutierte und als “Tor zu Deutschland” gedachte Europaplatz war eine politische Seifenblase.
Der visionäre Bürgermeister trat zu den Kommunalwahlen am 13.06.2004 nicht mehr an. Ob der neue Amtsinhaber den Mut hat, alte Fehler zu korrigieren, bleibt abzuwarten.

Entwicklung April 2006: 

Der neugewählte Gemeinderat hat die Verwirklichung des Gewerbegebietes in den letzten eineinhalb Jahren weiter vorangetrieben. Mit dem Bau eines Lebensmittelmarktes ist noch in diesem Jahr zu rechnen. Wie es mit dem alten Zollübergang weitergeht wissen wir nicht.

Entwicklung September 2007: 

Das Gewerbegebiet ist mittlerweile errichtet. Im September 2007 eröffnete der erste Lebensmittelmarkt. Allerdings ist noch immer kein einziger (Berger) Gewerbetreibender in Sicht. Für diese sollte das Gewerbegebiet ja ursprünglich geschaffen werden. Damit haben sich die ursprünglichen Befürchtungen der Interessengemeinschaft bestätigt, dass nämlich kein Bedarf besteht. Aus dem Gewerbegebiet wird wohl ein Versorgungsgebiet.

Entwicklung Januar 2010: 

Kein Berger Gewerbebetrieb ist bislang angesiedelt worden. Der Penny läuft super, nicht zuletzt wegen der Kundschaft aus dem Elsass. Die Gemeinde sucht weiter nach Interessenten für das Gewerbegebiet.

Entwicklung März 2012: 

Es ist inzwischen zu einer Häufung von Verkaufsflächen gekommen, die mit den Zielen der Raumordnung nicht übereinstimmen. Übergeordneten Behördenforderungen, weitere Verkaufsflächen für innenstadtrelevante Sortimente im Gewerbegebiet auszuschließen, wurde mit einer erneuten Änderung des Bebauungsplanes Rechnung getragen. Ein Beweis mehr für die anfänglichen Bedenken der Einwohner.

Entwicklung August 2014: 

Der geplante Kreisel am Grenzübergang wird aus Kostengründen nicht gebaut. Aus dem häufig bemühten “Tor nach Deutschland” wird ebenfalls nichts. Die dafür potentiell nutzbare Fläche neben dem Grenzübergang wurde von der Gemeinde Berg erworben um sie mit drei Häusern zu bebauen. Ein weiterer Plan sah sogar neun Häuser vor. So sieht man künftig von Frankreich kommend nicht mehr die Fassade von drei historischen Fachwerkhäusern, sondern die Hinterhöfe von Neubauten. Wieder mal eine städtebauliche Glanzleistung mehr!

Entwicklung Oktober 2020: 

Der ehemalige Grenzübergang ist zu einem Schandfleck verkommen. Ein Planungsbüro erarbeitet seit Jahren (!) angeblich ein Konzept für die Neugestaltung des Kreuzungsbereiches. Bundesweite Bekanntheit erlangte der Grenzübergang während der Corona-Krise infolge wochenlanger völliger Schließung bzw. permanenter Personen- und Fahrzeugkontrollen. Selbst direkt nach dem Zweiten Weltkrieg hat es das so nicht gegeben! Durch diese einseitigen deutschen Grenzkontrollen und der Art der Durchführung hat man das deutsch-französische Freundschaftsverhältnis nachhaltig beschädigt. So etwas darf sich auch nicht mehr wiederholen!

Entwicklung Januar 2025

Im Sommer 2024 wurden der Kreuzungsbereich an der Grenze und die drei Ortsstraßen saniert. Da alle drei Straßen des Orts keine Gemeinde-, sondern Landesstraßen sind, wurde auch nichts im Sinne einer besseren Verkehrsführung und vor allem im Sinne einer sicheren Fußgängersituation verändert. Die Lärmbelästigung im Ort ist hoch, die rücksichtslose Raserei lebensgefährlich. Wir werden die 1998 gegründete Bürgerinitiative wieder aufleben lassen...

 

Reaktionen der Neulauterburger in Form von Leserbriefen:

Leserbriefe in der RHEINPFALZ

“Europäisches Viertel“ Neulauterburg, Leserbrief vom 26.06.2001

“Planungswut gefährdet bäuerliche Existenz“
Zum Bericht vom 21. Juni “Heiße Debatte um Ausgleichsflächen“:

Was drei Jahre vom Tisch war, taucht auf wundersame Weise wieder auf: Neulauterburg braucht dringend ein “Europäisches Viertel“. Der Bebauungsplan muss bis Ende August unter Dach und Fach sein. Da nimmt man schon mal in Kauf, dass die Gemeinderatsmitglieder mit kurzfristigen Vorlagen konfrontiert und ungenügend vorbereitete Pläne präsentiert werden. In den Sitzungen wird dann um Geschoss- und Grundflächenzahlen gefeilscht wie auf einem Basar. Und die Damen und Herren Mandatsträger stimmen – wie gewohnt – allem zu. 
Zumindest zwei von ihnen hatten diesmal den Mut, sich zu enthalten. Warum plötzlich diese Eile? Die Berger Planungswut muss finanziert werden. Angesichts ohnehin leerer Kassen erhofft man sich noch Geld aus dem dieses Jahr auslaufenden Interreg II-Programm der Europäischen Union. Damit könnte die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für (...) Architekten fremdfinanziert werden. 
Was dabei völlig auf der Strecke bleibt, ist die Realität. Bereits das Gewerbegebiet “Mühläcker“ verschlingt gut vier Hektar landwirtschaftliche Fläche, das „Europäische Viertel“ weitere drei Hektar. Ökologisch wertvolle Streuobstwiesen werden geopfert. Dem stimmte sogar die Vertreterin der Grünen zu. Aber in Berg wundert einem nichts mehr. Für Ausgleichsmaßnahmen werden zusätzlich drei Hektar Land benötigt. Dem einzigen Neulauterburger Vollerwerbslandwirt wird so nach und nach die Existenzgrundlage entzogen. Ein Wohngebiet, das bis direkt an seinen Betrieb herangeführt wird, birgt sozialen Sprengstoff. Erst wird hingebaut, dann werden die Gerichte bemüht. Auseinandersetzungen um Lärm und Gestank aus dem bäuerlichen Betrieb sind vorprogrammiert. Da tröstet es wenig, wenn die Realisierung des Projektes in Stufen erfolgen soll. 
Dass der Landwirt mit seinen Nerven am Ende ist, scheint den Verantwortlichen völlig egal zu sein. Dass es keinen zusätzlichen Bedarf an Wohnraum in Neulauterburg in diesen Dimensionen gibt, ebenfalls. Seit Jahren schon kann ein vollerschlossener Bauplatz an gleicher Stelle nicht verkauft werden. Wer möchte schon von der Terrasse aus auf Misthaufen und die Kreismülldeponie blicken? Es wäre völlig ausreichend, die Baulücken in der Kandeler Straße zu schließen. Aber kleine, vernünftige und vor allem existenzerhaltende Maßnahmen haben im Berger Größenwahn keinen Platz. Wenn nicht in letzter Minute die Vernunft in den Köpfen der Räte siegt, deutet vieles darauf hin, dass nun auch Anwälte und Gerichte beschäftigt werden.   
Anton Petschner, Neulauterburg

“Wieder alleine zu ertragen“, Leserbrief vom 23.3.1999 

Zum geplanten Gewerbegebiet in Neulauterburg

Nun ist es also amtlich: Was keiner haben wollte, bekommen mal wieder die Neulauterburger Bürger vor die Nase gesetzt. Zu beanstanden ist dies natürlich nicht, denn die Entscheidung kam - ohne Neulauterburger Beteiligung - demokratisch und einstimmig zustande. 
Ein “runder Tisch“ mit Mitgliedern des Bauausschusses und den Berger Vertretern des Verbandsgemeinderates wurde gebildet. Zwei Einwohnerversammlungen befaßten sich mit den Planungen.
Nur: an dem “runden Tisch“ saß kein einziger Bürger aus Neulauterburg und bei den Einwohnerversammlungen war außer dem Bürgermeister und seinem Beigeordneten kein einziges Berger Ratsmitglied anwesend. Welch ein Armutszeugnis! Woher wollen die Damen und Herren Gemeinderäte eigentlich wissen, welche Ängste die Neulauterburger im Hinblick auf das neue Gewerbegebiet haben? 
Die Vermutung drängt sich auf, daß sie dies überhaupt nicht interessiert. 
Vergessen sind die über 30 Jahre währenden Verkehrsbelastungen durch den größten Zollübergang in Rheinland- Pfalz, vergessen ist der jahrelange Verkehrsterror durch die zahllosen Lastwägen, die über 500.000 Tonnen Müll durch den kleinen Ort zur Kreismülldeponie brachten. Man vergißt schnell, wenn man etwas nicht selbst miterlebt hat. Es interessiert keinen, daß Neulauterburg bereits jetzt überproportional mit Gewerbe belastet ist. Zehn reinen Wohnhäusern stehen zwölf gewerblich genutzte Anwesen gegenüber. Wir haben im Norden die künftige Bienwaldautobahn, im Westen die Mülldeponie, im Süden die Lauterburger Mehrzweckhalle und nun im Osten das geplante Gewerbegebiet. Wir fühlen uns von Gewerbe förmlich erdrückt. Die zu erwartenden Verkehrs- und Emissionsbelastungen werden wieder durch die Neulauterburger alleine zu ertragen sein. 
Wir möchten nicht ewig die leidgeprüfte Bevölkerungsminderheit sein, der man alles zumuten kann. Deswegen wehren wir uns so vehement gegen die Berger Pläne. Aufgezeigte Alternativen in Berger Ortsnähe wurden mit denselben Argumenten vom Tisch gewischt, die auch die Neulauterburger Bürger für sich in Anspruch genommen und vorgetragen haben. Obwohl manche Ratsmitglieder scheinbar Verständnis für unsere Situation zeigten, hoben sie dann doch mit Krokodilstränen in den Augen die Hand zum Schwur. Mit dem vielen Geld, das bereits jetzt für alle möglichen Planungen in Neulauterburg ausgegeben wurde, hätte man auch, so wie im elsässischen Lauterburg, etwas für das Aussehen des Ortsteils tun können. 
Eine “Visitenkarte“ sind wir so wahrlich nicht! Neulauterburg hätte es verdient gehabt, endlich zur Ruhe zu kommen. Die Berger Administration zeigt zumindest in einem Punkt Kontinuität: Sie stellt die Leidensfähigkeit der Neulauterburger erneut auf eine harte Probe! 
Siegfried Siedow, Anton Petschner, Neulauterburg

“Zur Mülltonne Europas geworden“, Leserbrief vom 18.10.1995

Zum Bericht vom 7. Oktober “Grenzgemeinde will Betriebe anlocken“:

Auf allgemeinen Widerstand stößt beim Großteil der Neulauterburger Bürger die in Rede stehende Ausweisung von 39.000 Quadratmetern Wohn- und Gewerbeflächen, insbesondere entlang der Kandeler Straße, also quasi mitten im Ortsteil.
Soweit es hierfür vielleicht auch nur einen echten (Berger) Bedarf geben sollte, sei an dieser Stelle die Frage erlaubt, wieso die für erforderlich gehaltene Auslagerung des Betriebes aus dem Ortskern von Berg und die damit einhergehenden Emissionen, zwar nicht länger den Berger, nunmehr aber wohl den Neulauterburger Bürgern zugemutet werden soll.
Vielleicht deshalb, weil dem kleinen Ortsteil und seinen Einwohnern in der Vergangenheit schon so vieles zugemutet wurde und sich die Neulauterburger stets als sehr leidensfähig erwiesen und vieles klaglos hingenommen haben. Ein Ratsmitglied sieht in der Planung zum Europaplatz kein Symbol für Europa. Für uns Neulauterburger hat der “Europaplatz“ an der Scheibenhardter Straße jedoch schon jahrzehntelang Symbolcharakter für ge- und erlebtes Europa. Und zwar als “Parkplatz Europas“ für Lkws aus allen ost- und westeuropäischen Ländern mit all den typischen Begleiterscheinungen (z.B. warmlaufende, dröhnende Lkw-Motore, tag- und nacht surrende Kühlaggregate, Schreie halbverdursteter Tiere in unmenschlichen Transporten).
Als “Herz“ Europas sehen sich die Neulauterburger auch angesichts der jahrzehntelangen katastrophalen Verkehrsverhältnisse. Es kann der Gemeinde nicht angelastet werden, dass eine mengenmäßige Reduzierung des Verkehrs bislang ausblieb. Wohl aber, dass keine Maßnahmen zur Reduzierung der Geschwindigkeit innerorts getroffen wurden. Wieso erfolgten bislang keine Geschwindigkeitskontrollen? Muss erst ein überfahrenes Kind mehr Problembewußtsein im Berger Rat schaffen?
Sobald eine Heimsuchung überstanden schien, folgte eine Neue: Auf Sandlaster folgten Müllautos, auf einer eingeebneten wilden Müllkippe auf französischer Seite direkt am Ortsausgang wird nun eine riesige Mehrzweckhalle mit Schießständen errichtet. Auch dagegen konnte der Berger Rat angeblich nichts unternehmen. So stieg man in den Jahren vom “Herzen“ Europas zur “Mülltonne“ Europas herab.
Ein Bebauungsgebiet in diesen Dimensionen will kein Neulauterburger haben. Außer vielleicht die wenigen, die sich daran eine goldene Nase verdienen. So war es schon, als die Kreismülldeponie hier angesiedelt wurde. Die Verantwortlichen im Berger Rat haben daraus offensichtlich nichts gelernt. Unsere Väter haben dazu geschwiegen, die Söhne werden es nicht.
Die Neulauterburger möchten nicht weiter von Europa erobert werden. Sie möchten sich von dem bereits real erlebten Europa endlich erholen. Wir verzichten deshalb dankend auf einen Europaplatz, wenn dieser nur zum Preis von Gewerbegebieten zu haben sein sollte!  
Anton Petschner, Neulauterburg

Appell an den Berger Gemeinderat vom 16.03.1999

Gewerbegebiet Neulauterburg

Sehr geehrtes Mitglied des Berger Gemeinderates,

Sie sollen heute über den Aufstellungsbeschluß für ein Gewerbegebiet in Neulauterburg entscheiden. Wir Neulauterburger sind über diese Planungen in großer Sorge. 

Sie wissen, dass wir über 30 Jahre enorme Verkehrsbelastungen durch den Zollübergang hatten. Bis zu 50.000 LKW passierten in Spitzenzeiten Neulauterburg. Dann folgte jahrelanger Verkehrsterror durch die Müll-Laster, von den Geruchsbelästigungen ganz zu schweigen. Die Deponie selbst birgt noch heute Gefahren, die nicht absehbar sind. 

Bereits jetzt ist Neulauterburg überproportional mit Gewerbe belastet. Zehn reinen Wohnhäusern stehen zwölf gewerblich genutzte Anwesen gegenüber. Wir haben im Norden die künftige Bienwaldautobahn, im Westen die Mülldeponie, im Süden die Lauterburger Mehrzweckhalle und nun im Osten das geplante Gewerbegebiet. 

Verstehen Sie bitte, dass wir uns von Gewerbe förmlich erdrückt fühlen. Die zu erwartende Verkehrs- und Emissionsbelastung wird wieder durch uns alleine zu ertragen sein. Wir möchten nicht ewig die leidgeprüfte Bevölkerungsminderheit sein, der man alles zumuten kann. Deswegen wehren wir uns so vehement gegen die Berger Pläne.

Im Übrigen sehen wir auch die Notwendigkeit für dieses Gewerbegebiet nicht. Der einzige Berger Betrieb, der immer als Alibi diente, wird auf dem Bauhof Sitter unterkommen. Die Neulauterburger Tankstelle könnte ohne Probleme am Ortseingang entstehen. Und auf dem gemeindeeigenen Gelände entlang der Hagenbacher Straße könnten weitere Interessenten untergebracht werden. Wozu also ein Gewerbegebiet, das nach Aussage des Bürgermeisters auch bis zur Gärtnerei Bösherz ausgedehnt werden könnte! Und wozu auf einer Fläche, die bis zuletzt sogar selbst vom Bürgermeister als völlig ungeeigneter Standort angesehen wurde?

Welcher Berger Betrieb kann sich Flächen von 2.500 bis 4.000 qm zu einem Preis von mindestens 100,-DM/qm (Aussage des Bürgermeisters) überhaupt leisten? Und welcher fremde Betrieb siedelt sich hier an, wenn wenige Kilometer weiter Preise unter 20,- DM/qm verlangt werden?

Mit dem vielen Geld, das bereits jetzt für alle möglichen Planungen in Neulauterburg ausgegeben wurde, hätte man auch, so wie in Lauterburg, etwas für das Aussehen des Ortsteils tun können. Eine “Visitenkarte” sind wir so wahrlich nicht!

Wir bitten Sie deshalb von ganzem Herzen, die Entscheidung gut zu überlegen. Die Neulauterburger hätten es verdient, endlich zur Ruhe zu kommen.

Neulauterburg, 16.03.1999

gez. Anton Petschner, Siegfried Siedow, Dieter Barth, Annette Schönlaub, Christoph Latt
 

Anmerkung: 
Der Rat hat in seiner damaligen Sitzung - wie befürchtet - das Projekt einstimmig angenommen!
 

 
Verfasser: Anton Petschner, Neulauterburg

 

© 2025 Anton Petschner, Neulauterburg,  info@neulauterburg.de. Online seit 29.04.2025.  Datenschutzerklärung

Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen

Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.